Specials - 40 Jahre BMW Dreier - Helden-Fahrt im Kultsportler - BMW M3 CSL

Schon zu Lebzeiten carvte er sich zur Querdynamik-Legende: Leicht, agil und radikal - einen Kurvenstar wie den BMW M3 CSL vermissen wir heute in der Produktpalette der M GmbH schmerzlich. Ein Wiedersehen mit dem Leichtbau-Helden auf der Bergrennstrecke von Wolsfeld.

aus sport auto 05/2012 

Wolsfeld, die Eifel bebt. Normalerweise erwacht das 800-Seelen-Dörfchen nur einmal pro Jahr aus seinem Dornröschenschlaf. Erst fließt im Festzelt beim legendären Sommernachtsball am Pfingstsonntag fast mehr Hochprozentiges als beim Oktoberfest, bevor tags darauf Hochoktaniges die Gemeinde regiert: Beim Wolsfelder Bergrennen rauschen die Cracks der Szene über die mit 1.640 Metern kürzeste Bergrennstrecke Deutschlands.

Heute grölt ein anderer Held über die Serpentinen, als wolle er schon jetzt die Bergfans an die Strecke trommeln. Rendezvous mit einer Kurvenlegende, einer Querdynamik-Ikone, ach was immer noch zu wenig Superlativ - Audienz beim M-Papst BMW M3 CSL. Leichtfüßig stürmen wie Lionel Messi und dabei nicht mehr wiegen als ein Porsche 911 GT3 - so kompromisslos wie der von Juni 2003 bis Dezember 2003 insgesamt nur 1.634 Mal gebaute M3 CSL (CSL: Coupé, Sport, Leichtbau) trat bis heute kein M-Modell mehr auf.  „Der BMW M3 GTS ist M pur“, stellte Kay Segler, damaliger Chef der M GmbH, 2009 den vermeintlichen CSL-Nachfolger vor. Ein müder Versuch. Der Clubsport-M3 der Baureihe E92 umkurvte die Nordschleife im sport auto-Supertest in 7.48 Minuten lediglich zwei Sekunden schneller als der CSL. Sehen so sechs Jahre Fortschritt aus? Nein, der Sportwagen-Schreck im Mittelklasse-Gewand heißt bis heute BMW M3 CSL, basta! Da hilft auch kein Marketingfeuer aus München.


Hinter den Wörtern „intelligenter Leichtbau“ versteckte sich 2003 ein vollbetankt nur 1.421 Kilo schwerer Purist. Sechs Jahre später sollten wuchtige 1.546 Kilo GTS, laut BMW-PR „konsequenter Leichtbau“, uns erfreuen - doch wir trauerten dem BMW M3 CSL nach.

Anbremsen, runterschalten, einlenken - vergnügt jagt Fahrgestellnummer JB98611 durch die letzte Spitzkehre und über den Zielstrich der Wolsfelder Bergstrecke. Zeit, sich die M-Legende näher anzuschauen. Im Vergleich zum Serien-M3-Coupé der Baureihe E46 trägt der BMW M3 CSL Leichtbau-Haute Couture und wiegt rund 150 Kilo weniger. Neben Schalensitzen aus GFK, einer Heckscheibe aus Dünnglas, der Heckklappe aus faserverstärktem Kunststoff (Sheet Moulding Compound) und einer dünnwandiger ausgelegten Abgasanlage mit 5,5 Kilo leichterem Endtopf verraten optisch vor allem die Dachhaut, der Diffusor sowie die Frontflaps aus Sicht-Carbon den heißgemachten M3.


„Die Flaps sind mir mal bei Tacho 290 weggeflogen“, erzählt Johannes Mutsch aus Bitburg, Besitzer unseres heutigen Kurvenpartners, lächelnd. Da wirbelten dann 359 Euro pro Seite durch die Luft. Bis auf das kleine Missgeschick klingt die Geschichte des 29-Jährigen und seines CSL besser als ein Sechser im Lotto. 2005 hat er den Wagen in Luxemburg mit 9200 Kilometer Laufleistung gekauft. „Der stand über ein halbes Jahr im Showroom rum. Der Vorbesitzer hat ihn seiner 50-jährigen Frau gekauft, aber die verlor schnell die Lust an dem ruppigen Gerät“, erzählt Mutsch.

Als Einkaufsfrauenauto wurde der BMW M3 CSL nicht entwickelt, trotzdem kann der Renngaul auch zahm mit Alltagskomfort bewegt werden. Doch gebaut wurde er für: Klack, klack, woooooaaaaam. Per Lenkradwippe runterschalten, Volllast - und der Reihensechszylinder mit dem internen Motorcode S54N326S4 saugt gierig Frischluft durch die CSL-typische Luftöffnung in der Frontschürze sowie die dahinter liegende, vergrößerte Ansaugluftführung.

Im Vergleich zum Basis-M3 E46 besitzt der CSL zudem keinen Luftmassenmesser. Damit das 3,2-Liter-Aggregat freier atmen kann, trägt der Leichtbau-Asket außerdem eine große CFK-Airbox mit einer tellergroßen Klappe, die bis 6.000 Touren geschlossen bleibt. Bei höheren Drehzahlen reißt der CSL dann seinen Schlund voll auf und brüllt wie ein Gruppe A-Tourenwagen bis zur Höchstdrehzahl von 8.000/min.


Bei aktivierter Sporttaste schreit er bereits ab 3.000 Touren.Im Verbund mit einer veränderten Motorsteuerung (Alpha/N), anderen Nockenwellen mit längeren Ventilöffnungszeiten, optimierten Auslassventilen und geändertem Abgaskrümmer stieg die Leistung von 343 auf 360 PS. Selbst für heutige Verhältnisse hängt der CSL phänomenal am Gas. Balsam für die auch bei BMW in Downsizing-Zeiten mit immer mehr Turbomotoren geschundene Sauger-Fanseele.


Auch ohne auffälliges Flügelwerk passt der BMW M3 CSL mehr in FIA-, denn StVZO-Norm. Mit deaktiviertem DSC und in der schnellsten der sechs Schaltstufen donnert das sequenzielle SMG II Sechsganggetriebe die Gänge innerhalb von 80 Millisekunden mit der Sanftheit eines Presslufthammers rein. Schaltschläge beim Hochschalten und automatische Zwischengassalven beim Herunterschalten - ein Getriebe-Cocktail, der schneller süchtig macht als alle anderen Rauschmittel.

Egal ob auf Landstraße oder Rennstrecke: Mit spitzer Lenkung, messerscharfem Einlenkverhalten und satter Traktion fliegt der BMW M3 CSL über die Ideallinie. Damit der abgespeckte M3 32 Sekunden schneller über die Nordschleife hetzen konnte als seine Basis, verfeinerten die Entwickler auch das Fahrwerk umfassend.

Dazu zählen kürzere Federn an der Vorderachse, modifizierte Sachs-Dämpfer und erhöhter Nachlaufwinkel in Kombination mit höherem Negativ-Sturz an der Vorder- und Hinterachse (M3: VA -1°20‘, HA: -1°45‘ und CSL: VA -1°45‘, HA: -1°50‘). Ein agileres und präziseres Fahrverhalten bewirken zudem weniger Vorspur vorn und hinten (M3: VA 0°16‘, HA 0°22‘ und CSL 0°04‘ vorn und hinten), Uniballgelenke an der Hinterachse sowie Stabis mit größerem Durchmesser (VA: 30,8 mm statt 26 mm und HA: 22,5 statt 21,5 mm). Außerdem wuchs die Spurbreite vorn von 1.508 auf 1.518 Millimeter. 


Tick, tick, tick - fröhlich schmatzend wie ein Rennpferd nach der Arbeit verschnauft der BMW M3 CSL nach dem Bergrenntrip. Und wie sieht’s mit der Standfestigkeit aus? „Wir haben vier CSL-Kunden. Die Autos sind standfest und kommen fast nur zum Service“, erklärt Edgar Bujara, Geschäftsführer von Autohaus Schaal, BMW-Vertragshändler und Alpina-Stützpunkt in Bitburg.

Technische Probleme abseits gängiger Verschleißteile sind beim CSL weitgehend unbekannt. Bei verstärktem Rennstrecken-Auslauf fällt der Kurvenstar erwartungsgemäß wegen der sportlich optimierten Fahrwerksgeometrie mit erhöhtem Reifenverschleiß auf. Doch das muss eher den Michelin Pilot Sport Cupreifen als dem BMW M3 CSL angekreidet werden.

Während einige Besitzer von ausgeschlagenen Spurstangen berichten, klagen andere über die Dauerhaltbarkeit der Serienbremse, die nach vielen schnellen Runden hintereinander zum Fading tendiert. „Ich hab Pagid gelb verbaut, damit geht die Bremse richtig gut“, verrät CSL-Eigner Johannes Mutsch. Anders als subjektiv bei jedem SMG-Schaltschlag vermutet, sind verfrühte Getriebeschäden weitgehend unbekannt.

„Was willst du mit der alten Kiste?“ Mit schelmischem Lächeln versucht BMW-Vetragshändler Bujara M3 CSL-Fahrer Mutsch immer wieder dessen Schatz abzuluchsen. „So an die 60 bis 70.000 Euro wäre mir der Wagen wert“, sagt der Rennsportfan. Offensichtlicher als die kaum vorhandenen Schwachstellen ist beim BMW M3 CSL definitiv eines: Er ist schon heute ein Klassiker mit modernen Fahreigenschaften, der als Gebrauchtwagen mehr Wertzuwachs als die meisten Aktien verspricht.

Mehr M3 CSL gibt's hier, mehr BMW hier.

Text: sport auto
Bilder: sport auto